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März 2021 / INVESTMENT INSIGHTS

Der schmelzende Permafrost stellt arktische Unternehmen vor Herausforderungen

Russische Industrieunternehmen unterliegen steigenden Risiken infolge des Klimawandels.

Die wichtigsten Punkte

  • Schmelzender Permafrost gefährdet die Stabilität von Fundamenten und Infrastrukturanlagen und kann den Klimawandel zusätzlich beschleunigen.
  • Unternehmen, die Anlagen in Permafrostgebieten betreiben, werden voraussichtlich steigende Kosten für eine engmaschige Überwachung schultern müssen.
  • Anleger müssen daher prüfen, welche Risiken mit der Permafrostschmelze einhergehen – und diese bei der Bewertung von Anleihen einkalkulieren.

 

Die Temperaturen steigen weltweit an, was unter anderem zur Folge hat, dass Permafrostböden – Böden, die mindestens zwei Jahre ununterbrochen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt aufweisen – schmelzen. Für russische Bergbau- und Energieunternehmen, die Anlagen in den betroffenen Gebieten betreiben, stellt dies ein wesentliches Risiko dar, da die Stabilität von Fundamenten und Infrastrukturen gefährdet ist. Um die Anlagen regelmäßig zu prüfen und erforderlichenfalls Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sind voraussichtlich höhere Investitionen erforderlich. Wir haben daher im Festzinsbereich entsprechende Analysen durchgeführt und berücksichtigen bei unserer allgemeinen Anlagethese für die einzelnen Unternehmen, in welchem Maße diese entsprechenden Umweltrisiken ausgesetzt sind.

Welche Folgen hat der tauende Permafrost?

Permafrostschmelze und Klimawandel

Thawing Permafrost and Climate Change

Seit einigen Jahrzehnten steigen die Temperaturen in Russland stärker an als im globalen Durchschnitt – vor allem in Permafrostgebieten, die mehr als die Hälfte der russischen Landmasse ausmachen. Die Folge ist das Abtauen der Permafrostschicht, einer unter der Erdoberfläche liegenden Schicht aus Erde, Gestein und Sand, die durch Eis zusammengehalten wird. Das Abschmelzen hat vor allem zwei verheerende Konsequenzen:

  • Es werden Treibhausgase wie Methan und Kohlenmonoxid in die Atmosphäre freigesetzt, wodurch eine Rückkoppelung entsteht, die die globale Erwärmung zusätzlich beschleunigt.
  • Die Stabilität von Fundamenten und Infrastrukturanlagen wird geschwächt.

Das hat unter anderem einen steigenden Investitionsaufwand für Unternehmen mit Anlagen in den betreffenden Gebieten zur Folge, da die Anlagen genauer überwacht und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen.

Auch wenn der auftauende Permafrost in Russland kein neues Phänomen ist, dürfte sich das Tempo der Schmelze aufgrund der seit den 1970er Jahren anhaltend steigenden Temperaturen beschleunigen. Das hat unter anderem einen steigenden Investitionsaufwand für Unternehmen mit Anlagen in den betreffenden Gebieten zur Folge, da die Anlagen genauer überwacht und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen, beispielsweise durch regelmäßige Temperaturmessungen an den Fundamenten, Wärmedämmungsmaßnahmen oder die Einrichtung von Kühlsystemen. Zusätzlich könnten die Kosten durch Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur oder zur Stabilisierung der Fundamente in die Höhe getrieben werden.

Unseres Erachtens sind die Extremrisiken bei Unternehmen mit Standorten in russischen Permafrostgebieten gestiegen...

Sollten erforderliche Investitionen in die Stabilisierung und Überwachung der Anlagen ausbleiben, könnte dies massive Schäden durch Risse oder Lecks zur Folge haben. Bei Zwischenfällen drohen zudem nicht nur hohe Sanierungskosten, sondern auch nachhaltige Reputations- und Glaubwürdigkeitsschäden, da die Investoren Umwelt- und Klimarisiken zunehmend im Fokus haben. Unseres Erachtens sind die Extremrisiken bei Unternehmen mit Standorten in russischen Permafrostgebieten gestiegen. Daher integrieren wir in unseren Bottom-up-Analysen höhere Umweltrisiken und den potenziell steigenden Investitionsbedarf.

Welche Unternehmen sind Risiken ausgesetzt?

In Russland befindet sich ein wesentlicher Teil der Industriestandorte in Permafrostregionen. Dabei unterliegen schätzungsweise Vermögenswerte im Wert von knapp 250 Milliarden US-Dollar1 potenziell Risiken in Verbindung mit dem schmelzenden Permafrost. Das betrifft vor allem die vorgelagerte Öl- und Gasindustrie, da Gas und Öl zu fast 90 Prozent2 bzw. 30 Prozent2 in Permafrostgebieten gefördert wird, wo die Tragfähigkeit der Fundamente möglicherweise schon beeinträchtigt ist. Für die Gasindustrie kommt erschwerend hinzu, dass Gas in der Nähe der Bohrlöcher aufbereitet werden muss, um es transportfähig zu machen. Risiken bestehen jedoch auch für den Midstream-Bereich, da Öl und Gas über Schienen und Pipelines transportiert werden, die durch große Permafrostgebiete führen.

Nicht zuletzt dürfte das Abtauen der Permafrostböden im Metall- und Bergbausektor die Stabilität von Produktionsanlagen, Lagerstätten und Stromversorgungsanlagen beeinträchtigen, unter anderem auch als Folge von Rissen in den Absetzbecken. Dabei sind die Risiken für den Tagebau größer als für den Untertagebau, der zumeist unterhalb der Permafrostschicht arbeitet.

Bewertung der Risiken, denen das Unternehmen in Verbindung mit der Permafrostschmelze unterliegt

Abbildung 1: Bei der Bewertung von Anleihen berücksichtigen wir eine Risikoprämie in Verbindung mit der Permafrostschmelze

Abbildung 1: Bei der Bewertung von Anleihen berücksichtigen wir eine Risikoprämie in Verbindung mit der Permafrostschmelze

Stand 31. Januar 2021.
Quelle: T. Rowe Price.

Integration des Risikos in Verbindung mit der Permafrostschmelze in unseren Analyseverfahren

In unseren Bottom-up-Fundamentalanalysen untersuchen und bewerten wir bei Unternehmen, die Risiken in Verbindung mit der Permafrostschmelze ausgesetzt sind, drei Kernbereiche:

1. Standort der Anlagen

Der Standort der Anlagen ist von großer Bedeutung, da bestimmte Gebiete höheren Risiken unterliegen als andere. Dazu zählen beispielsweise die Jamal-Halbinsel, Petschora und Sacha, wo die Permafrostschicht zu einem relativ großen Teil aus Eis besteht, das normalerweise schneller auftaut.

2. Zustand der Anlagen

Wichtig ist zudem die Frage, inwieweit die Tragfähigkeit der Fundamente bereits beeinträchtigt ist. Das ist bei einigen Unternehmen mehr, bei anderen weniger der Fall. Dabei spielt auch das Alter der Anlagen eine große Rolle, da moderne Anlagen der Permafrostschmelze und den Temperaturschwankungen besser standhalten dürften als ältere.

3. Finanzkraft des Unternehmens

Drittens prüfen wir, ob ein Unternehmen bilanziell stark genug ist, um die erwarteten zusätzlichen Investitionen zu schultern. Insgesamt weisen die meisten russischen Emittenten ein solides Finanzprofil auf, sodass sie dazu in der Lage sein sollten. Allerdings könnten einige Unternehmen versuchen, die höheren Ausgaben zu finanzieren, indem sie die Dividende kürzen oder neue Anleihen emittieren.

Zusätzlich zu unseren Analysen arbeiten wir eng mit unserem internen Team für verantwortungsbewusstes Investieren zusammen, das sowohl auf Ebene der einzelnen Emittenten als auch auf Ebene bestimmter Anlagethemen eingehende ESG-Analysen in Bezug auf ökologische, gesellschaftliche und Governance-Belange durchführt. Das Team hat ein eigenes Indikatorenmodell für verantwortungsbewusstes Investieren entwickelt, mit dem erhöhte ökologische, soziale und ethische Risiken, aber auch Stärken der einzelnen Unternehmen identifiziert und eingeordnet werden können. Dazu gehört auch eine Analyse klimarelevanter Aspekte. Mit diesem dualen Ansatz sind wir in der Lage, Umweltrisiken zu identifizieren und die potenziellen Folgen für ein Unternehmen zu bewerten.

Einbeziehung einer Risikoprämie

Basierend auf unseren Analysen in den genannten drei Kernbereichen kategorisieren wir die Unternehmen danach, in welchem Maße sie Risiken in Verbindung mit der Permafrostschmelze ausgesetzt sind. Auf dieser Grundlage ermitteln wir sodann einen entsprechenden Risikoaufschlag, der in die Bewertung der Anleihe einfließt. Eine Veranschaulichung unseres Leitfadens, den wir in unserer Analyse verwenden, ist in Abbildung 1 dargestellt. Auf dieser Grundlage ermitteln wir einen risikobereinigten Fair-Value-Kurs für die Anleihen des Unternehmens, der einen Aufschlag für Risiken in Verbindung mit der Permafrostschmelze berücksichtigt.

Die Folgen des Klimawandels für russische Bergbau- und Energieunternehmen mit Standorten in Permafrostgebieten, stellen ein wesentliches Risiko dar, das in die Analyseverfahren einbezogen werden sollte. So können wir einschätzen, in welchem Maße ein Unternehmen Risiken ausgesetzt ist und wie sich diese auf den langfristigen Wirtschaftserfolg auswirken könnten.

 

Was jetzt wichtig ist

Wir behalten genau im Auge, wie sich die Permafrostschmelze auf die Anlagen der Unternehmen auswirkt und was die betroffenen Unternehmen tun, um Schäden abzuwenden. Ferner stehen wir mit den Geschäftsleitungen in engem Kontakt, um dieses Thema proaktiv zu erörtern.

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