Die neue US-Regierung unter der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump plant weitreichende neue Zölle gegen einige der wichtigsten US-Handelspartner. Dabei ist noch unklar, ob die geplanten weitreichenden Zölle tatsächlich umgesetzt werden oder ob es sich eher um Drohungen handelt, die eingesetzt werden, um die Handelsbeziehungen neu auszutarieren und Verhandlungsmacht in anderen Fragen zu gewinnen (die jüngste Entscheidung, die Zölle gegenüber Kanada und Mexiko für 30 Tage einzufrieren, während die Zölle gegenüber China beibehalten werden, hat diese Frage nicht geklärt). Klar ist allerdings, dass die Zollverhandlungen dem globalen Handel schaden werden, vor allem im verarbeitenden Gewerbe. Handelskriege schaden Unternehmen und Verbrauchern in allen beteiligten Ländern letztlich gleichermaßen.
Einige Argumente, die angeführt werden, um die Zölle zu rechtfertigen, haben ihren Ursprung im Niedergang der amerikanischen Industrie. Der Freihandel hat die Produktionsbasis der USA ausgehöhlt, mit unvermeidlichen Folgen für den Arbeitsmarkt, die nationale Sicherheit und den Verlust von Knowhow in einigen Bereichen. Gleichzeitig haben einige der größten US-Handelspartner in bestimmten Branchen heute einen Wettbewerbsvorsprung durch die Anwendung bestimmter Industrieverfahren. Während neue US-Zölle also höchstwahrscheinlich keine positiven wirtschaftlichen Auswirkungen haben werden, könnten sie aus politischer Sicht in gewissem Maße gerechtfertigt sein.
Abgesehen von der Politik hat die Aussicht auf eine neue Zollrunde jedoch eine zusätzliche Variable in die globalen Wirtschaftsaussichten geworfen. Wenn man die Unsicherheit im Zusammenhang mit den Zöllen ausklammert, erscheint das Wachstumsbild gemischt, jedoch nicht übermäßig alarmierend: Die USA scheinen auf ein weiteres Jahr soliden Wachstums zuzusteuern, während China einige Konjunkturmaßnahmen ergriffen hat, um seine Wirtschaft zu stützen. In Europa könnte sich die Wirtschaft im ersten Halbjahr zwar verlangsamen, doch ist die Europäische Zentralbank gut positioniert, um schnell mit Zinssenkungen zu reagieren. Eine Erholung der europäischen Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte ist sehr plausibel, während langfristige strukturelle Entwicklungen, einschließlich der weiteren Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Energien und beim „Friendshoring“, die Weltwirtschaft weiter stützen dürften.
Je nach ihrem Ausmaß könnten neue Zölle diese relativ günstigen Aussichten untergraben. Wie jede Steuererhöhung lösen auch höhere Zölle einen Nachfrageschock aus, der nicht nur das Gesamteinkommen in der Wirtschaft (bekannt als Einkommenseffekt) verringert, sondern auch die Nachfrage verzerrt, indem er den Verbrauch bestimmter Güter dämpft und den anderer erhöht (Substitutionseffekt), was ineffiziente Produktions- und Verbrauchsmustern zur Folge hat. Insgesamt wird die Wirtschaft auf jeden Fall beschädigt.
Zölle führen außerdem zu Unsicherheit in Bezug auf zukünftige Ausgaben. Wenn ein europäisches Unternehmen eine Investition in Höhe von einer Milliarde US-Dollar in eine neue Fabrik plant, um dort Waren zu produzieren, die in die USA exportiert werden sollen, wird dieses Unternehmen vorher wissen wollen, unter welchen Bedingungen es mit seinen US-amerikanischen Kunden handeln darf. Wenn diese Bedingungen ungewiss sind, wird es seine Investition eher aufschieben, bis die Handelsbedingungen geklärt sind. In gewissem Sinne hat wirtschaftliche Unsicherheit ähnliche Folgen wie steigende Zinsen – die Unternehmen verschieben Ausgaben und Investitionen ebenso wie die Einstellung neuer Mitarbeiter.
Die Einführung neuer Zölle wirkt sich nicht nur auf das Verhalten der Unternehmen und Verbraucher aus, sie erfordert auch eine Reaktion der Regierungen. Wenn beispielsweise US-Zölle dazu führen, dass der Verbrauch in den USA von im Ausland produzierten Widgets sinkt, erlebt der Rest der Welt einen negativen Nachfrageschock. Ein negativer Nachfrageschock wiederum vergrößert die Produktionslücke im Rest der Welt, wo ein Überschuss an Arbeitskräften und Produktionskapazitäten entsteht.
Wenn sich die Produktionslücke vergrößert, passt sich eine freie und offene Marktwirtschaft in zweifacher Hinsicht an: Erstens verlangsamt sich die Inflation aufgrund der schwächeren Nachfrage, was wiederum sinkende Zinsen zur Folge hat, und zweitens wertet die Währung ab, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Auslandsnachfrage stärkt. Nach dem Gleichgewichtsmodell muss bei niedrigeren Zinsen und einem günstigeren Wechselkurs die Produktionslücke durch eine Kombination aus schwächerer Auslandsnachfrage und stärkerer Inlandsnachfrage geschlossen werden.
Trotz der weit verbreiteten Auffassung, dass Zölle die Inflation anheizen, gibt es dafür keine eindeutigen Belege. Inflation entspricht definitionsgemäß einem anhaltenden Anstieg der Preise. Im Gegensatz dazu bewirken Zölle einen einmaligen Anstieg des Preisniveaus – keinen dauerhaften. Zölle können inflationär wirken, wenn sie die Inflationserwartungen nach oben treiben, insbesondere in Zeiten, in denen die Preisteuerung bereits hoch ist und die Wirtschaft nahe an der Vollauslastung arbeitet. Es gibt jedoch kaum Anhaltspunkte dafür, dass die einmalige Einführung von Warenzöllen auf lange Sicht inflationär wirkt.
Wie würden sich also hohe Zölle auf die amerikanische und die globale Wirtschaft auswirken? Nun, eines der Hauptargumente für die Einführung von Zöllen ist der Versuch, das Handelsdefizit der USA zu verringern, das heute fast doppelt so hoch ist wie bei Trumps Amtsantritt vor acht Jahren. Ich glaube jedoch nicht, dass dieses Ziel so einfach zu erreichen ist. Zum einen gibt es einen sehr guten Grund, warum die USA Waren aus der ganzen Welt importieren: Es wäre ineffizient und viel teurer, alles, was die USA brauchen, im eigenen Land zu produzieren.
Außerdem können es sich die US-Bürger aufgrund der relativen Stärke der heimischen Wirtschaft im internationalen Vergleich leisten, mehr ausländische Waren zu kaufen. Sollte Donald Trump sein Versprechen einlösen, die US-Einkommen weiter zu erhöhen, könnte das Handelsdefizit noch weiter steigen, da die US-Bürger noch mehr Waren aus dem Ausland kaufen werden.
Stand: 31. Dezember 2023.
Quellen: Weltbank, Internationaler Währungsfonds, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Analyse von T. Rowe Price.
Obwohl die US-Produzenten in den betroffenen Wirtschaftszweigen von den Zöllen profitieren werden, werden die Folgen für die US-Wirtschaft insgesamt unter dem Strich nicht zwangsläufig positiv sein. Denn die Vorteile, die die betreffenden Produzenten durch höhere Preise und Umsätze haben, gehen auf Kosten der US-Verbraucher.
Welche Länder außerhalb der USA werden am stärksten von den Zöllen betroffen sein? Dabei sind drei Hauptfaktoren zu berücksichtigen: Erstens, dass Länder, die stark von der verarbeitenden Industrie abhängig sind, unter sinkenden Investitionsausgaben leiden werden; zweitens, dass stark vom Export abhängige Länder von einer Verlangsamung des Welthandels betroffen sein werden; und drittens, dass Länder, die in der Lage sind, zur Abfederung eines externen Nachfrageschocks geldpolitische Instrumente einzusetzen, ihre Wirtschaft besser schützen können als Länder, die dies nicht können.
Vor diesem Hintergrund sind die kleinen Produktionszentren in Asien und Mittel- und Osteuropa am stärksten bedroht. Länder, die in besonderem Maße von den USA abhängig sind, wie Mexiko und Kanada, könnten ebenfalls stark betroffen sein (Abbildung 1).
Zu den unmittelbarsten Auswirkungen neuer US-Zölle zählt eine Aufwertung des US-Dollar, da Zölle auf Importe die heimische Währung immer stärken. Als Reaktion darauf werden die Zentralbanken außerhalb der USA ihre geldpolitischen Zügel lockern, was ihre Währung schwächen wird. Doch auch die Währungen von Ländern, in denen die Zentralbanken keine Zinssenkungen vornehmen können, dürften abwerten, da die Devisenmärkte dazu neigen, dem Wachstum nachzujagen.
An den Anleihemärkten hat die Erwartung neuer Zölle bisher dazu geführt, dass die Inflationserwartungen und die langfristigen Renditen gestiegen sind. Sollte sich der Fokus der Märkte jedoch auf die negativen Auswirkungen der Zölle auf das Wachstum verlagern, dürfte die Renditekurve wieder steiler werden, da geringere Wachstumserwartungen sinkende Zinsen erwarten lassen. Dabei ist zu beachten, dass die US-Notenbank (Fed) zunächst anders reagieren wird als ihre Pendants außerhalb der USA: Da höhere Zölle nur das aktuelle Preisniveau beeinflussen und nicht zu einer nachhaltigen Inflation führen werden, dürfte die Fed ihren vorsichtigen Kurs fortsetzen und genau beobachten, wie sich die Inflationserwartungen weiterentwickeln. Ein weiterer Grund dafür, dass die Fed weniger stark unter Druck steht, Zinssenkungen vorzunehmen, ist das anhaltend robuste US-Wachstum.
Allerdings glaube ich auch nicht, dass die Fed wegen neuer Zölle eine Zinsstraffung vornehmen wird. Denn neue Zölle dürften die US-Verbraucher ebenso hart treffen, wie es bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer der Fall wäre. Während Zölle die Inlandsnachfrage nach einigen in den USA produzierten Gütern und Dienstleistungen ankurbeln können, ist eine Mehrwertsteuererhöhung gleichzusetzen mit einer fiskalischen Straffung, die selten zu einer weiteren Überhitzung der Wirtschaft führt.
Da neue Zölle das Wachstum der Wirtschaft belasten, dürften wachstumssensitive Märkte wie die Aktienmärkte in einem Regime, in dem breit angelegte Zölle an Bedeutung gewinnen, unter Druck geraten. Darüber hinaus dürfte aufgrund der zusätzlichen wirtschaftlichen Unsicherheit im Zusammenhang mit den Zolldebatten die Risikoprämie steigen, die Anleger für Risikoassets verlangen, was die Aktienmärkte zusätzlich belasten dürfte. Sollten die Aktienmärkte als Reaktion auf die Einführung von Zöllen fallen, werden sich die Finanzierungsbedingungen verschärfen, was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Zentralbanken Lockerungsmaßnahmen ergreifen müssen. Einige dieser Auswirkungen auf die US-Unternehmen könnten jedoch durch ein stützendes Haushaltsabkommen und weitere Steuersenkungen für Unternehmen ausgeglichen werden, was meiner Meinung nach an den Märkten bereits eingepreist ist. Die Reihenfolge der Umsetzung der Finanz- und Handelspolitik wird wichtig sein, um sicherzustellen, dass der positive Wachstumstrend in den USA anhält.
Wir sollten uns noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Zollverhandlungen noch nicht abgeschlossen sind und jede Diskussion über die endgültigen Auswirkungen relativ spekulativ ist. Eine wichtige offene Frage ist, ob neue US-Zölle in einem ausgewachsenen globalen Handelskrieg münden werden. Wenn die US-Zölle nur bestimmte kleinere Länder ins Visier nehmen würden, ließe sich ein globaler Handelskrieg fast sicher vermeiden. Sollte die Trump-Administration aber beschließen, einen Handelsstreit mit der ganzen Welt oder den größten Volkswirtschaften im Rest der Welt (China und Europa) zu beginnen, wären umfassende Zölle auf US-Exporte weitaus wahrscheinlicher und die Auswirkungen weltweit zu spüren.
Die Aussicht auf einen globalen Handelskrieg, der niemandem etwas nützt, sollte bei den Zoll-Überlegungen der neuen US-Regierung eine Rolle spielen. Ob das der Fall ist, bleibt abzuwarten.
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