Juni 2023 / INVESTMENT INSIGHTS
Globale Aktien: Alles ändert sich, also Fokus auf das, was gleich bleibt
Unser Anlagerahmen passt sich laufend an die Herausforderungen des Wandels an.
Auf den Punkt gebracht
- Die geopolitische Lage bereitet Sorgen und die Lieferketten müssen unabhängiger werden. Anlegerinnen und Anleger müssen deshalb herausfinden, welche Unternehmen und Regionen die Gewinner dieser Neuausrichtung sein werden.
- Wir halten weiter nach qualitativ hochwertigen Unternehmen Ausschau, die nach unserer Kenntnis ihre wirtschaftliche Rentabilität erhöhen, für die wir aber nicht zu viel zahlen müssen.
- Das Portfolio weist ein ausgewogenes Verhältnis von Sektoren und Faktoren auf und soll die Partizipation an Aufwärtsbewegungen maximieren, exogene geopolitische Schocks absichern und uns ermöglichen, uns weiterhin auf eine gezielte Titelauswahl zu konzentrieren.
Drei bedeutende Überraschungen kennzeichnen bislang das Jahr 2023. Erstens sorgen die Energiepreise dank des milden Winters in Europa nicht für einen eisigen Gegenwind, sondern für einen angenehmen Rückenwind. Zweitens präsentierte sich Chinas Wirtschaft nach dem Ende der Null-Covid-Politik weniger robust, als die Anleger erwartet hatten. Drittens hat die KI-Welle (künstliche Intelligenz) die Märkte mit voller Wucht erfasst. Die Gewinne von Halbleiterunternehmen stiegen infolge massiver Ausgaben der Internet-Riesen, die unbedingt Teil der KI-Revolution sein und von ihr profitieren wollen. Für diese dritte Überraschung waren wir gut positioniert.
Drei Überraschungen an den Aktienmärkten
(Abb. 1) Niedrigere Energiepreise, eine enttäuschende
Konjunkturbelebung in China und die Begeisterung für KI stellen die Anleger vor
Herausforderungen
Verzerrungen durch Covid trüben das Bild
Was top-down-orientierte Anleger an dem von Covid-19 gekennzeichneten Zyklus am meisten verblüfft, ist der Umstand, dass die Zinserhöhungen der US-Notenbank (Fed) die Weltwirtschaft nicht nennenswert belastet haben. Zinserhöhungen der Fed sind immer gefährlich, denn sie können synchrone Konjunkturabschwünge auslösen. Sie können zu „schwarzen Enten“ – Situationen, in denen unerwartete Krisen drohen könnten – führen, die manchmal, aber nicht immer zu „schwarzen Schwänen“ werden. Zinserhöhungen setzen in der Regel auch Kreditzyklen in Gang, die ansteckend sind und in Teilsektoren der Wirtschaft sowie in Regionen zu einer Gemengelage aus rückläufigen Umsätzen, Gewinnen und Investitionsausgaben sowie einer steigenden Arbeitslosigkeit führen. Die steigenden Zinsen und höheren Kapitalkosten werden die weltweite Konjunktur ohne Zweifel verlangsamen. Doch die Frage ist, wann und auf welchem Niveau die Zinsen zu einer Belastung werden und ob ein Kreditzyklus ausreichend synchronisiert ist, um eine größere Rezession auszulösen.
Der covid-geprägte Zyklus hat auch etwas Positives, denn Verbraucher und Unternehmen haben die Laufzeiten ihrer Schulden und Anleihen verlängert und dabei Hypotheken und Hochzinsanleihen günstiger refinanziert. Die hohen Einlagenguthaben, die sich auf den Bankkonten von Verbrauchern und Unternehmen ansammelten, haben den Schock durch die höheren Zinsen gedämpft und bislang eine Krise abgewendet. Die pandemiebedingten Störungen in den Lieferketten und an den Arbeitsmärkten haben die Unternehmen unterdessen von größeren Anlageinvestitionen abgehalten. Wie bei einem reichen Kind, dessen Vermögen von einem störrischen Treuhänder verwaltet wird, blieb das Geld wo es war, und wurde nur in geringem Maße für Fehlausgaben wie Kryptowährungen oder Trainingsgeräte verwendet. Dadurch kamen nicht viele „schlechte“ Dinge gleichzeitig zum Tragen, während die Beschäftigungstrends solide blieben und die sehr hohen Ersparnisse „zu langsam“ sanken. Die Bären frustrierte, dass sie Enten mit Schwänen verwechselt hatten.
Notwendigkeit unabhängiger Lieferketten lässt inflatorische Kräfte weiter wirken
Geopolitische Veränderungen sind ein Hauptmerkmal der Welt nach Covid-19. Beispiele sind die russische Invasion der Ukraine und die sich ändernde Energielandschaft in Europa. Durch die stetige Verschlechterung des Verhältnisses zwischen den USA und China haben wir uns in Bereichen wie Logistik, Arbeitskräfte, Produktivität und Kapitalinvestitionen von der Effizienzgrenze für die globalen Märkte entfernt. Die USA und China konzentrieren sich deutlich erkennbar darauf, ihre Welt für eine wettbewerbsintensivere Zukunft umzugestalten – trotz der positiven Erfahrung des gemeinsamen Wachstums in den letzten 30 Jahren. Es ist praktisch unmöglich, dass sich diese beiden Riesen bald voneinander entkoppeln. Die USA sind aber zweifelsfrei bestrebt, ihre Lieferkette – durch Verlegung ins eigene Land und ins „befreundete Ausland“ – zu sichern. China wiederum sucht nach Möglichkeiten, die von den USA auferlegten technologischen Fesseln zu sprengen. Dadurch werden neue Beziehungen und Partnerschaften nötig, die neue Investitionen erfordern werden. Für Aktienanleger wird entscheidend sein, die Unternehmen und Regionen zu identifizieren, die Gewinner dieser Neuausrichtung sein können.
Das während Covid-19 angehäufte Geld und die geopolitischen Spannungen haben außerdem den Inflationsdruck erhöht, wenngleich die langsame Erholung in China und die unerwartet niedrigen Energiepreise zufällig als kurzfristiges Überdruckventil wirkten. Die anhaltend hohe Inflation bedeutet anhaltend hohe Zinsen. Dies hat die Fed auch deutlich signalisiert, als sie ihre Politik der längere Zeit höheren Zinsen erläuterte. Das bedeutet nicht, dass es keine kurzzeitigen Phasen der konjunkturellen Beschleunigung und Verlangsamung geben wird. Aber im Allgemeinen erscheinen Zinssenkungen und eine Rückkehr zur „langfristigen Stagnation“ in nächster Zeit unwahrscheinlich.
In einem neuen Umfeld agieren
Es sollte betont werden, dass ein sich wandelndes Umfeld nichts an unserem Anlagerahmen ändert. Wir halten nach qualitativ hochwertigen Unternehmen Ausschau, die nach unserer Kenntnis ihre wirtschaftliche Rentabilität in der Zukunft erhöhen, für die wir aber nicht zu viel zahlen müssen. Dieser Anlagerahmen eignet sich gut für eine Welt im Wandel. Dafür sind jedoch entsprechende Ressourcen notwendig, um zu erkennen, wo sich der Wandel vollzieht. Deshalb ist die Research-Plattform bei T. Rowe Price so entscheidend für unsere Fähigkeit, wiederholbar zu agieren.
In einem neuen Umfeld agieren
(Abb. 2) Drei Schwerpunktbereiche für unseren Anlagerahmen
Erfreulicherweise gibt es eine große Zahl und ein breites Spektrum von titelspezifischen Anlagechancen. Das Thema künstliche Intelligenz (KI) begeistert uns ganz besonders. Es wird Phasen wie Infrastrukturaufbau, Optimierung, Anwendungsentwicklung, Disruption und Vertrieb / Verbreitung durchlaufen. Dies wird wahrscheinlich zu tiefgreifenden Veränderungen in der Weltwirtschaft führen und Chancen bieten, beachtliche Werte zu schaffen (sofern man Scharlatanen und Blendern aus dem Weg gehen kann). Einige Unternehmen werden die KI erfolgreich vertreiben und Geld damit verdienen, andere werden auf der Strecke bleiben. Einer der interessantesten Bereiche, auf den wir uns konzentrieren, sind Unternehmen, die KI-Technologien mithilfe vorhandener Software und Dienstleistungen zu Geld machen können. Technologie-, Finanz-, Gesundheits-, Industrie- und sogar Rohstoffunternehmen haben die Möglichkeit, von den markanten Veränderungen zu profitieren.
Die Luftfahrt erholt sich nicht nur von der Pandemie, sondern steht außerdem vor unserer Ansicht nach mehrjährigen Ertragssteigerungen. Dafür verantwortlich sind eine konsolidierte Branchenstruktur, die stetig zunehmend Marktdurchdringung in Schwellenländern und technologische Innovationen. Die Flugzeuge, Komponenten oder auch Betriebsstunden von Motoren und Triebwerken reichen schlicht nicht aus, um mit der Nachfrage Schritt zu halten.
Die Rückverlegung der Lieferketten ins eigene Land („Onshoring“) und ins „befreundete Ausland“ („Friend Shoring“) bietet dagegen umfassendere Chancen, die bislang aber weniger gut verstanden werden. Energiesicherheit, Logistik und Transport sowie das Ökosystem im Baubereich könnten allesamt neue, sehr interessante Möglichkeiten bieten.
Diese sind auch im Gesundheitswesen zu finden. Herzerkrankungen, Krebs, Schlaganfall, Diabetes und andere Gebrechen und Todesursachen stehen in einem engen Zusammenhang mit Adipositas. Neue Diabetesmedikamente, die das Stoffwechselsystem verändern können und eine starke, gesundheitsfördernde Gewichtsabnahme bewirken, könnten diese Erkrankungen abmildern und zu einem längeren Leben in Gesundheit führen. Diese Medikamente werden preisgünstiger und zunehmend nicht mehr injiziert, sondern oral verabreicht. Dies spricht sehr stark für bedeutende gesellschaftliche Veränderungen. Wir konzentrieren uns darauf, diese Medikamente und ihre Wettbewerbsstellung zu verstehen und darüber hinaus zu erkennen, welche Unternehmen am stärksten von ihrer Einführung profitieren dürften.
Insgesamt sieht unser Portfolio aktuell anders aus als jenes, das wir von der globalen Finanzkrise bis zum Ende der Pandemie hielten. Neue Chancen ergeben sich, andere verschwinden. Bei der Verwaltung des Portfolios achten wir auf ein ausgewogenes Verhältnis von Sektoren und Faktoren, um die Partizipation an Aufwärtsbewegungen zu maximieren, exogene geopolitische Schocks abzusichern und im Großteil unserer Positionierung weiterhin eine gezielte Titelauswahl umzusetzen.
Umsetzung unseres wachstumsorientierten Plans mit globalem Fokus
(Abb. 3) Gründe für den Erfolg: Plattform, Anlagerahmen, Team
Wo stehen wir heute?
Die Entwicklung an den Märkten wird aktuell nur von extrem wenigen Titeln getragen. Small Caps sind nicht mehr gefragt und Value-Sektoren stehen unter Druck. China erscheint ungeliebt und stark unterinvestiert. Mega-Cap-Technologiewerte sind jedoch robust und profitieren von KI-Trends. Die Renditen gehen allerdings nur auf eine Handvoll von Aktien zurück. Der VIX Index notiert unter 161, aber die Bewertungen – insbesondere von hoch kapitalisierten Qualitäts- und von Wachstumstiteln – erscheinen sehr hoch und sind möglicherweise nicht auf Dauer haltbar, wenn die Inflation und die Zinsen in Zukunft hoch bleiben. Wir müssen uns im derzeit entstehenden Umfeld behaupten und rechnen zum Jahresende hin mit Volatilität.
Eine Rezession droht zwar nach wie vor und eine lautstarke Minderheit an den Märkten rechnet mit einer Zinssenkung der Fed in diesem Jahr. Wir denken aber auch an das nicht ganz so offensichtliche Risiko, dass die Inflationsangst durch Stimulierungsmaßnahmen in China, die Energiepolitik der Opec und einfache saisonale Effekte in Europa wieder wachsen könnte. Der Winter naht. Deshalb halten wir es für klug, Positionen in Rohstoffen zu halten und die Vorzüge eines defensiveren / von einem geringeren Beta gekennzeichneten Engagements zu nutzen, wenn Aktien so günstig sind. Der Herbst wird eine interessante Zeit des Jahres sein, in der wir beobachten können, wie sich die Marktpositionierung entwickelt.
Unsere Aufgabe besteht darin, ein wiederholbares Alpha zu generieren. Gleichzeitig müssen darauf achten, dass wir schwierig nachzuahmen sind. Wir verfolgen unseren Plan weiter, und stützen uns dabei auf unsere Plattform (Research), unseren Anlagerahmen (Erträge steigern, ohne zu viel zu zahlen) und unser Team (das den Anlagerahmen umsetzt). Wir glauben, dass das Umfeld, das sich von der globalen Finanzkrise bis zur Covid-19-Pandemie entwickelt hat, nicht mehr besteht und wir die Veränderungen in der Weltpolitik und Weltwirtschaft annehmen sollten. Wie immer ist es unser Ziel, unsere Kunden an die erste Stelle zu setzen und auf der richtigen Seite des Wandels zu stehen.
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