Dezember 2022 / MARKET OUTLOOK
Deglobalisierung in einer vernetzten Welt
Die globale Wirtschaft befindet sich in einem grundlegenden Wandel, der das Investmentumfeld in den kommenden Jahren maßgeblich prägen dürft
Angesichts der geopolitischen Spannungen und der Lieferunterbrechungen fragen sich einige Analysten, ob die Ära der wirtschaftlichen Integration möglicherweise zu Ende ist und sich die Aussichten für Produktivität und Wachstum eintrüben. Doch nach Ansicht der CIOs werden diese Risiken wohl überschätzt.
„Die Globalisierung ist nicht tot. Möglicherweise liegt sie nicht einmal im Sterben“, argumentiert Justin Thomson. „Auf wirtschaftlicher Ebene ist das herausragende Merkmal der Globalisierung, dass sich der Anteil des internationalen Handels am weltweiten Bruttoinlandsprodukt seit Anfang der 1950er-Jahre verfünffacht hat. Zwar steigt dieser Anteil inzwischen nicht mehr, er geht aber auch nicht zurück“, stellt er fest.
„Doch die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass sich die Globalisierung verändert“, fügt Thomson hinzu. Seiner Einschätzung nach sind etliche Volkswirtschaften inzwischen von wichtigen Importen aus einem bestimmten Teil der Welt abhängig. „Die starke Abhängigkeit Europas von russischen Erdgaslieferungen beispielsweise gefährdete die Energiesicherheit des Kontinents, als der Krieg in der Ukraine die Gaspreise in die Höhe trieb.
Im Laufe der Zeit können die Marktkräfte solche Ungleichgewichte korrigieren“, so Thomson. Dies habe der starke Rückgang der europäischen Gaspreise in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 verdeutlicht (Abbildung 5, oben), als die Prognosen für die Gasnachfrage gesenkt wurden und Europa zusätzliche Lieferungen aus anderen Quellen erhielt.
Längerfristig könnte die Entwicklung am Energiemarkt nach Ansicht von Thomson einen drastischen Anstieg der weltweiten Investitionsausgaben für den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energiequellen auslösen. „Die Beträge, die dafür benötigt werden, sind unfassbar hoch“, fügt er hinzu. „Ich habe Schätzungen von bis zu 100 Billionen US-Dollar gesehen.“
Investitionsausgaben in dieser Größenordnung dürften nach Ansicht von Thomson ebenso große Anlagechancen in den Sektoren Technologie, Grundstoffe und Investitionsgüter sowie bei Erzeugern alternativer Energien und innovativen Unternehmen im Bereich der Effizienzsteigerung schaffen.
Störungen der globalen Lieferketten lassen nach
Die weit verbreitete Befürchtung, dass die pandemiebedingten Lieferengpässe jahrelang andauern und das Wachstum der Weltwirtschaft ersticken könnten, scheint laut Thomson ebenfalls zu pessimistisch gewesen zu sein. Stattdessen hat sich die Zuverlässigkeit der Lieferketten im Laufe des Jahres 2022 stetig verbessert (Abbildung 5, unten).
Im Jahr 2023 und darüber hinaus dürften die Lieferketten in einigen Branchen nach Ansicht von Andrew McCormick umgestaltet werden, um künftige Störungen zu begrenzen. Dies werde Reibungskosten verursachen. „Ich denke, das stützt Justin Thomsons Argument, dass die Inflation in Zukunft hartnäckiger und die Volatilität höher sein wird“, erläutert er.
Die Lieferunterbrechungen haben nachgelassen, doch die geopolitischen Risiken bleiben hoch
(Abb. 5) Erdgaspreise nach Ländern und Volatilität im Global Supply Chain Pressure Index der New York Federal Reserve
Doch McCormick und Thomson sind sich darin einig, dass die Anpassung an dieses neue Umfeld auch potenzielle Chancen für Anleger schaffen wird. „Unternehmen, denen es gelingt, in den neuen Lieferketten eine wichtige Rolle zu spielen, werden zu den großen Gewinnern gehören.“ prognostiziert McCormick. „Wir glauben, dass dies der wichtigste Anlagetrend der nächsten fünf Jahre, vielleicht sogar des nächsten Jahrzehnts werden könnte.“
„Ein kompetentes aktives Management wird entscheidend sein, um diese potenziellen Chancen zu nutzen“, fügt McCormick hinzu. „Die Auswahl der Einzeltitel wird entscheidend sein. Und auch die Qualität der Managementteams wird sehr wichtig werden.“
Konträre Argumente für eine Anlage in China
Die Besorgnis der Anleger über die wirtschaftliche und politische Zukunft Chinas, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, hat die chinesischen Märkte im Jahr 2022 stark belastet.
Der Handels- und Technologiestreit trübte die Anlegerstimmung zusätzlich ein, als die Regierung Biden neue Exportkontrollen einführte, die den Zugang Chinas zu moderner Halbleitertechnologie beschränken sollen.
„Die Stimmung gegenüber China war noch nie so schlecht wie jetzt“, so Thomson. Doch er hält diesen Pessimismus für übertrieben. Seine Argumente:
- Die Lockerung der Covid-Beschränkungen in China dürfte den Weg für eine Beschleunigung des Wirtschafts- und Gewinnwachstums ebnen.
- Trotz des Politikwechsels hin zu einer strengeren Marktregulierung hält die chinesische Führung, einschließlich Präsident Xi Jinping, an einer wachstumsfreundlichen Agenda fest.
- Ein Großteil des Wachstums der chinesischen Wirtschaft in den letzten 30 Jahren stammte aus der Immobilienentwicklung. Diese Ära geht nun zu Ende. Doch verschiedene Sektoren dürften das Wachstum weiter vorantreiben, wenn auch mit einem mäßigeren Tempo.
- Sowohl Washington als auch Peking haben ein Interesse daran, einen drastischen Bruch zu vermeiden. „Eine weitreichende wirtschaftliche Entkoppelung zwischen den USA und China würde beide Länder mit Sicherheit in eine schwere Wirtschaftskrise stürzen“, so Thomson. „Dieser Gedanke ist beängstigend, aber höchst unwahrscheinlich.“
„Mir ist klar, dass diese Probleme die Bewertungen an den Märkten weiter belasten und die Kapitalkosten in die Höhe treiben werden“, stellt Thomson abschließend fest. „Doch meiner Meinung nach müssen wir in dieser Hinsicht objektiv und unvoreingenommen bleiben und die weitere Entwicklung der Daten beobachten.“
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