Juni 2022 / MARKET OUTLOOK
Übergang zu einem neuen Paradigma
Auf eine ungewisse Zukunft einstellen
Auf den Punkt gebracht
- Die russische Invasion der Ukraine, die durch Covid-19 bedingten Lockdowns in China, die höheren Energiepreise und die steigenden Zinssätze könnten für ein schwieriges zweites Halbjahr sorgen.
- Im ersten Halbjahr hatten die Aktienbewertungen unter einem starken Anstieg der Anleiherenditen zu leiden. Die Frage lautet nun, ob eine Verlangsamung des Gewinnwachstums der nächste Stein ist, der etwas ins Rollen bringen wird.
- US- Treasuries und andere Kernanleihen taugten im ersten Halbjahr auch nicht allzu sehr zur Diversifizierung, als die Aktienkorrelationen sprunghaft anstiegen. Möglicherweise sind neue Ansätze nötig.
- Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland könnten die Rohstoffpreise weiter in die Höhe treiben, zugleich aber auch den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen.
Auf eine ungewisse Zukunft einstellen
An der Schwelle zum zweiten Halbjahr bleiben die höhere Inflation und die steigenden Zinssätze nach Ansicht der führenden Anlageexperten von T. Rowe Price die größten Risiken für die globalen Finanzmärkte.
Die russische Invasion der Ukraine hat diese Risiken vergrößert, weil sie die Lebensmittel- und Energiepreise stark steigen lässt und die globalen Lieferketten zusätzlich belastet.
Diese „Verkettung von Schocks“, die die Inflation anheizen, hat den Druck auf die US-Notenbank (Fed) und andere große Zentralbanken erhöht, ihre Geldpolitik zu straffen. Zugleich wird es für sie schwieriger, die Inflation einzudämmen, ohne das Wirtschaftswachstum abzuwürgen, erklärt Sébastien Page, Head of Global Multi‑Asset und Chief Investment Officer (CIO).
„Die drei größten Herausforderungen für Anleger werden in den nächsten Monaten die Inflation, die Inflation und die Inflation sein“, sagt Page. „Sie ist der Übertragungsmechanismus für alle anderen Risiken, die uns drohen.“
Die Kernfrage lautet nun, ob diese Risiken eine starke Wachstumsverlangsamung verursachen oder die großen Volkswirtschaften gar in eine ausgewachsene Rezession stürzen werden, die auch die Unternehmensgewinne drücken würde, warnt Page.
Neben den zyklischen Risiken müssen die Anleger auch beachten, dass die globalen Märkte einen strukturellen Wendepunkt erreicht haben könnten – nämlich das Ende einer Ära, die von reichlich Liquidität, einer niedrigen Inflation und tiefen Zinssätzen geprägt gewesen ist und auf die globale Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 folgte (Abbildung 1).
„Ich glaube, damit ist es nun vorbei“, erklärt Arif Husain, Head of International Fixed Income und CIO. „Davon kann man sich nun verabschieden.“
Die von den Zentralbanken bereitgestellte Liquidität sei enorm wichtig gewesen, um die Wirtschaft und die Märkte während der Finanzkrise und der Coronavirus-Pandemie zu stabilisieren, bemerkt Justin Thomson, Head of International Equity und CIO. Sie habe aber auch die Bewertungen vieler Risikoanlagen auf historische Extremwerte getrieben. „Ich denke, die Geschichte lehrt, dass solche Extremwerte niemals von Dauer sind“, fügt er hinzu.
Das neue Paradigma könnte allerdings auch potenzielle Chancen für Anleger eröffnen, die über die nötigen Fähigkeiten und Research-Kapazitäten verfügen, um diese Chancen auch zu erkennen, fährt Thomson fort. „Bei volatilen Märkten kann aktives Management ein Freund für Anleger sein.“
Die Ära der niedrigen Inflation und der reichlichen Liquidität scheint vorbei zu sein
(Abb. 1) US-Inflation* und Rendite der zweijährigen US-Treasuries
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