Mai 2022 / MARKETS & ECONOMY
Die Schwellenländer im Wettlauf um Net-Zero
Was bedeutet das für die Emerging Markets?
Der Klimawandel stellt die Schwellenländer in doppelter Hinsicht vor Herausforderungen. Zum einen sind sie besonders stark extremen Wetterereignissen, dem Anstieg des Meeresspiegels und der Zunahme von Dürreperioden ausgesetzt, zum anderen müssen sie Wege finden, um ihre Wirtschaftsleistung zu steigern und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen in Grenzen zu halten. So scheint es, dass die Schwellenländer beim Übergang in die Net-Zero-Welt die Hauptlast zu tragen hätten.
Michael Ganske, Fixed Income-Experte bei T. Rowe Price, ist anderer Meinung. Vielmehr sieht er in den fortschreitenden Bemühungen der Schwellenländer in Sachen Dekarbonisierung spannende Chancen.
Um grün zu werden, braucht es in erster Linie Industriemetalle. So dürfte die Nachfrage nach Metallen wie Lithium, Kobalt und Seltenen Erden, die entscheidend sind, um erneuerbare Energien zu erzeugen und Elektrofahrzeuge herzustellen, in den nächsten Jahren einen deutlichen Sprung nach oben machen.
„Vielen Schwellenländern kommt das zugute“, erläutert Ganske. „China, Südafrika, Sambia, Chile, Peru – sie alle werden von dem wachsenden Nachfrage nach wichtigen Metallen profitieren.“
Im globalen Wettlauf um Klimaneutralität haben die Schwellenländer aber noch einen anderen Vorteil, der auf den ersten Blick unlogisch erscheinen mag: Sie befinden sich beim Aufbau der Infrastrukturen noch in einer frühen Phase. „Wenn Sie eine Stadt von Grund auf neu aufbauen“, erläutert Ganske, „können Sie viel bewusster auf Energieeffizienz und den schonenden Einsatz von Ressourcen achten“.
Dennoch gibt er zu bedenken, dass der Umstieg auf sauberere Energiequellen Geld kostet – und zwar viel Geld. Und dieses aufzutreiben, ist leichter gesagt als getan. Denn anders als die Industrieländer sind Finanzierungen für die Schwellenländer schwer – sei es aus politischen oder strukturellen Gründen.
„Die Schwellenländer zahlen einen Aufschlag auf den risikofreien Zins“, erklärt Ganske. „Wenn Sie beispielsweise in Deutschland etwas finanzieren wollen, zahlen Sie derzeit weniger als 1 % Zinsen. In einem bonitätsschwächeren Schwellenland aber zahlen Sie den Treasury-Zins plus einen Aufschlag von durchschnittlich 400 Basispunkten. Finanzierungen sind einfach viel teurer.“
Ein weiterer Aspekt, der den Weg zu Net-Zero für die Schwellenländer erschwert, ist ihre Abhängigkeit von der Schwerindustrie. „Der Dienstleistungssektor ist in vielen aufstrebenden Volkswirtschaften noch relativ schwach, während das verarbeitende Gewerbe und der Energiesektor eine wesentliche Rolle spielen. Deshalb ist die Umstellung auf andere Energiequellen als Öl und Gas möglicherweise noch herausfordernder als in den Industrieländern“, führt er weiter aus.
Ein Weckruf
Auch wenn der Umstieg auf nachhaltige Energiequellen lediglich schrittweise stattfindet, können externe Schocks wie der Krieg in der Ukraine die Entwicklung beschleunigen. Ganske glaubt, dass eine Kombination aus politischen Zerwürfnissen und kluger Voraussicht die Bemühungen um Dekarbonisierung in der ganzen Welt entscheidend voranbringen könnte.
„Die Regierungen, vor allem in Europa, hegen allgemein eine Abneigung dagegen, von einem Paria-Staat abhängig zu sein. Daher suchen sie nach Alternativen. Und an diesem Punkt kommen die Schwellenländer ins Spiel.
Wir erleben gerade einen strukturellen Wandel, durch den Russland endgültig vom globalen Energiemarkt abgeschnitten wird. Es ist ausgeschlossen, dass Europa einfach über den Krieg hinwegsehen und zur Normalität zurückkehren wird. Das wird nicht passieren.“
Stattdessen wenden sich die Industrieländer beispielsweise an Venezuela und den Iran, um die Energielücke zu füllen. „Die politische Haltung gegenüber diesen beiden Ländern wird sich ändern. Das wird eine ganze Zeit dauern, und mit welchem Ergebnis ist unklar. Dennoch kann man jetzt schon sehen, dass die USA ihre Haltung gegenüber Venezuela überdenken werden. Und plötzlich sieht man auch den Iran mit anderen Augen.“
Der Verzicht auf russisches Öl und Gas dürfte kurzfristig einen Anstieg der CO2-Emissionen zur Folge haben, da damit der Ausstieg aus der Kohle, die als vorübergehende Alternative dienen könnte, erst einmal ausgebremst wird. Ganske glaubt, dass die Notwendigkeit, neue Energiequellen zu erschließen, jedoch langfristig den Fokus auf erneuerbare Energien auch in den Schwellenländern verstärken wird.
„Viele Investoren glauben, dass die Reduzierung der CO2-Emissionen die Argumente für Schwellenmarkt-Anlagen entkräften würde. Doch das ist nicht richtig“, erläutert er. „Man muss allerdings viel genauer hinsehen, um zu erkennen, welche Länder wirklich davon profitieren.“
Allgemeine Schwellenmarktrisiken
Kapitalrisiko – Der Wert Ihrer Anlage ändert sich und wird nicht garantiert. Er wird durch Veränderungen des Wechselkurses der Basiswährung des Fonds gegenüber der Zeichnungswährung beeinflusst, sofern es sich um unterschiedliche Währungen handelt. Aktienrisiko – Aktien bergen allgemein größere Risiken als Anleihen oder Geldmarktinstrumente. (Nur für Aktienfonds). Gegenparteirisiko – Eine juristische Person, mit der der Fonds Transaktionen tätigt, kommt ihren Verpflichtungen gegenüber dem Portfolio möglicherweise nicht nach. (Nur für Anleihefonds). ESG- und Nachhaltigkeitsrisiko – Dieses Risiko kann den Wert eines Investments und die Performance des Fonds wesentlich beeinträchtigen. Geografisches Konzentrationsrisiko – Sofern ein Fonds einen großen Teil seines Vermögens in einer bestimmten geografischen Region anlegt, wird seine Wertentwicklung stärker von Ereignissen in dieser Region beeinflusst. Absicherungsrisiko – Der Versuch eines Fonds, bestimmte Risiken durch Absicherungspositionen zu mindern oder zu beseitigen, führt möglicherweise nicht zum gewünschten Ergebnis. Investmentfondsrisiko – Anlagen in Fonds sind mit bestimmten Risiken verbunden, denen ein Anleger bei einer Direktanlage an den Märkten nicht ausgesetzt wäre. Managementrisiko – Der Investmentmanager oder seine Beauftragten können zuweilen feststellen, dass ihre Verpflichtungen gegenüber dem Fonds mit ihren Verpflichtungen gegenüber anderen von ihnen verwalteten Anlageportfolios kollidieren (wenngleich in diesen Fällen alle Portfolios gleichberechtigt behandelt werden). Operationelles Risiko – Betriebsausfälle könnten zu Störungen des Fondsbetriebs oder finanziellen Verlusten führen.
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